FINC als Lösung zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung in Nicht-EWR-Ländern?

Die in 2020 vom Bundestag beschlossene Modernisierung des Versicherungssteuergesetzes führte bei vielen deutschen, international agierenden Versicherungsmaklern zu Kritiken. Grund hierfür ist unter anderem der Beschluss, dass Masterprogrammdeckungen für Versicherungsnehmer in Deutschland mit mitversicherten Betriebsstätten in Nicht-EWR-Staaten fortan nicht nur in den jeweiligen Ländern steuerpflichtig sind, sondern auch einer zuzüglichen Besteuerung in Deutschland erliegen. Dadurch droht Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland eine Doppelbesteuerung, falls Betriebsstätten in Nicht-EWR-Staaten im Masterprogramm einschlossen bleiben.

Viele deutsche Makler fragen sich nun, wie man am besten eine Doppelbesteuerung des Kunden vermeiden kann und welche Lösungsalternativen existieren. Eine in diesem Kontext derzeit häufig angesprochene Lösungsoption ist die sogenannte Financial Interest Coverage (FINC) Klausel. Die Strategie im Falle eines Schadens das finanzielle Interesse der Muttergesellschaft – anstelle der lokalen Niederlassung – zu versichern ist auf dem ersten Blick verlockend: Für multinationale Unternehmen kann es als eine bequemere und kosteneffizientere Lösung erscheinen, da nur die Muttergesellschaft alleine versichert ist und kein zusätzlicher Aufwand für die Platzierung von Lokalpolicen mit mehreren Prämien, Abgaben und Steuern notwendig ist.

Die Eindeckung einer ausländischen Betriebsstätte durch eine FINC-Klausel ist möglich unabhängig von lokalen Versicherungs- und Compliance-Gesetzen.  Ohne lokale Deckung entsteht jedoch das potentielle Risiko, dass Policen Bedingungen, Limits und Konditionen nicht konform mit lokalen Gesetzen stehen.

Im Falle eines Schadens ist die Abwicklung im Ausland über deutsche Masterpolicen nicht einfach. Die notwendige Betreuung eines Schadens erweist sich als besonders schwierig, wenn entweder der Versicherer im jeweiligen Staat nicht lizensiert ist oder die abgeschlossene FINC-Deckung als unzulässig bewertet wird und ein Schadensmanagement von lokalen Behörden erschwert wird. Die Lösung dieses Problems durch lokales Fronting mag einige Abhilfen schaffen, doch birgt zusätzliche Risiken durch potentielle Unterschiede zwischen den lokalen Fronting-Versicherungskonditionen und den Masterkonditionen. Letztendlich ist eine aus dem Ausland initiierte Schadensbehandlung immer die zweite Wahl. Auch bei Einschaltung eines lokalen Fronting-Partners ist die Qualität des Claims Managements oftmals unter dem Niveau der Dienstleitung eines Lokalmaklers.

Im Idealfall ist die Schädigung des finanziellen Interesses der Muttergesellschaft gleichwertig wie bei einer direkten Versicherung der ausländischen Betriebsstätte. Jedoch berücksichtigen einige FINC Klauseln bei der Kalkulierung nicht alle erlittenen operativen, strategischen und ökonomischen Verluste und es kommt zu einer ungleichen Bewertung des geschädigten finanziellen Interesses. Es entsteht also das Risiko einer zu geringen Entschädigungszahlung vom Versicherer an die Muttergesellschaft.

Bei einigen Schadensereignissen ist es zudem sehr schwierig die erhaltene Entschädigungssumme der Muttergesellschaft an die ausländische Betriebsstätte weiterzuleiten. Viele Staaten lehnen Entschädigungszahlungen aus FINC-Deckungen ab oder haben einen unklaren Standpunkt, welcher im Zweifel gerichtlich erst festgestellt werden muss. Viele ausländische Steuerbehörden bewerten eine alleinstehende FINC-Deckung als eine direkte Umgehung einer lokalen Steuerpflicht. Dadurch entsteht das Risiko, dass Sanktionierungen gegen die Weiterleitung der Entschädigungszahlungen erfolgen oder die weitergeleitete Entschädigungssumme als zusätzliches Einkommen klassifiziert und besteuert wird. Ein zusätzliches Risiko entsteht zudem, falls gegen einen Staat politische Sanktionen verhängt werden und ausländische Geldtransfers in Folge grundsätzlich nicht länger uneingeschränkt möglich sind. Dem Versicherungsnehmer können also in der Folge nicht unerhebliche Mehrkosten oder  Probleme entstehen, welche zum Zeitpunkt der Platzierung der FINC-Deckung nicht bekannt und vorhersehbar gewesen sind. Es entsteht das Risiko, dass die Muttergesellschaft sich fehlberaten fühlt.

Unsere globale Maklerallianz hat sich stets dafür eingesetzt, dass Prämienanteile von Mastercover Deckungen sowohl für EWR- als auch für Nicht-EWR-Länder über lokale Policen erhoben werden sollten. Eine Platzierung von Lokalpolicen bringt in der Regel gleich mehrere Vorteile mit sich:

  1. Lokale Platzierungen sind transparent und konform mit lokalen Gesetzen: Es existieren deutlich weniger Unsicherheiten oder schwer vorhersehbare Komplikationen.

  2. Ein lokaler Versicherungsmakler kümmert sich um eine professionelle Betreuung der Versicherungsinteressen und erbringt eine zuverlässige, lokale Schadensbearbeitung.

  3. Lokale Platzierungen sind im Schadensfall oftmals die kostengünstigere und sichere Option.

  4. Lokale Platzierungen erlauben eine genauere Bestimmung der Versicherungswerte, Gefahreneindeckungen und beachten lokale Besonderheiten und Spezialrisiken.

Natürlich haben auch FINC-Deckungen eine Daseinsberechtigung, wenn die Schadensrisiken & Schadensfrequenzen gering sind oder die ausländische Betriebsstätte für die Muttergesellschaft eine stark untergeordnete Relevanz besitzt. In vielen Fällen ist jedoch eine lokale Platzierung zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung die bessere und insbesondere sichere Variante und gewährleistet eine fachgerechte Betreuung der Versicherungsinteressen Ihres Kunden im Ausland.

Über den Autor

Kay Mosbach
Kay MosbachManaging Assistant & Accounting, Hamburg