Deutschland gehört laut aktuellen Studien zu den innovationsstärksten Nationen der Welt. Ein maßgeblicher Innovations- und Exporttreiber in Deutschland ist dabei der Maschinen- und Anlagenbau. Im Jahr 2018 haben 4 von 5 Maschinenbauern eine Prozess- oder Produktinnovation eingeführt. Maschinen sind darüber hinaus das zweitgrößte Exportgut der Exportnation Deutschland.

Um die Innovationskraft sowie die internationale Wettbewerbsfähigkeit erhalten und weiter ausbauen zu können, spielt die Industrieversicherung für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau eine stetig wachsende Rolle. Diese ermöglicht den Unternehmen, die bei der Erfüllung ihrer wirtschaftlichen Ziele seit jeher unter Unsicherheit bezüglich der Entscheidungsfolgen agieren, Risiken zur Minderung der eigenen Risikolage an einen Versicherer zu transferieren. Gleichzeitig ist das Umfeld, in dem die Unternehmen agieren, in den letzten Jahren unberechenbarer und komplexer geworden. Damit einhergehend sind auch die Risiken, denen sie sich aussetzen, weiter gestiegen.

Eckdaten Maschinen- und Anlagenbau

Zeitraum 2019 2020

reale Veränderung (%)

Umsatz (Mrd €) Jan.-Nov. 206,4 182,2 -12,7
Produktion (vorläufig) Jan.-Nov. -12,4
Beschäftigte (Tsd.) November 1.063 1.022   -3,9
Export (Mrd. €) Jan.-Nov. 167,2 146,4 -13,2
Quelle: VDMA

Der deutsche Industrieversicherungsmarkt befindet sich im Wandel. Veränderte Marktrahmenbedingungen erhöhen den Wettbewerbsdruck und die sich wandelnde Risikolandschaft verändert die Erwartungen an die Marktteilnehmer. Seit 2019 berichtet die VSMA GmbH, dass der Versicherungsmarkt weiter anziehen und Versicherungsprämien steigen werden. „Die Geschwindigkeit und das Ausmaß dieser Entwicklung überraschte uns jedoch sehr“, so Jürgen Seiring, Geschäftsführer der VSMA GmbH. Nicht nur für die Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus kommt der Sanierungsbedarf der Versicherer zur Unzeit.

Aufgrund der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gab es trotz der Corona-Pandemie im Jahr 2020 deutlich weniger Insolvenzen als im Jahr 2019. Die Zahl der Insolvenzanmeldungen wird deshalb unweigerlich steigen. Daher werden die Versicherer noch vorsichtiger agieren.

Insolvenzanträge 2020 im Vergleich zum Vorjahr (in%)

Quelle: Statistisches Bundesamt

Der Zusammenschluss vieler Versicherer, wie beispielweise AXA mit XL, CHUBB mit ACE oder HDI mit Gerling, hat auch zu einer dünneren Personaldecke bei den Versicherern geführt. Bei den Vertragsverlängerungsgesprächen 2020/2021 stellte die VSMA fest, dass der Verhandlungsaufwand aufgrund der fehlenden personellen Ausstattung enorm zugenommen hat. Auch hat der Service der Versicherer abgenommen.

Umfangreiche Sanierungen

Fast alle industriellen Versicherungssparten waren von Sanierungsmaßnahmen betroffen. Der Maschinen- und Anlagenbau sah sich – unabhängig vom Schadensverlauf – teilweise mit erheblichen Prämiensteigerungen, der Forderung nach deutlich höheren Selbstbeteiligungen oder Deckungseinschränkungen konfrontiert. Hinzu kam, dass fast alle Industrieversicherer ihre Kapazitäten reduzierten. Im Klartext: Ein Versicherer, der bislang 100 Prozent eines Risikos, wie etwa der Feuerversicherung, übernommen hatte, war nur noch bereit, 50 Prozent zu zeichnen. Ein oder mehrere Versicherer mussten gesucht werden, um die frei gewordenen Anteile (hier: 50 Prozent) zu übernehmen. Dieser Trend war insbesondere in der Sach-, aber auch in der Haftpflicht- und der D&O-Versicherung an der Tagesordnung.

Einige Versicherer wollen bestimmte Branchen überhaupt nicht mehr versichern oder nur noch unter – aus Sicht der Versicherer – optimalen Schadenverhütungsmaßnahmen. Insbesondere in der erratischen Cybersparte ist mit extremen Prämien und/oder Selbstbehaltserhöhungen sowie einer restriktiveren Zeichnungspolitik zu rechnen. Andere Versicherer sind nicht mehr bereit, bestimmte Versicherungssparten zu versichern und haben beispielsweise ganze Versicherungsbestände bei der VSMA gekündigt, berichtet Seiring weiter. Hierfür musste Ersatz gefunden werden, was der VSMA auch gelang.

Ausblick für 2021

Es ist zu befürchten, dass dieser Trend in 2021 anhält. Aber auch Großschäden im Bereich der D&O-Versicherung, das Beispiel „Wirecard“ sei hier genannt, führen dazu, dass das Sanierungsverhalten der Versicherer auch in 2021 noch steigen wird.

Eine ähnliche Situation beobachtet die VSMA zur Cyber-Versicherung. Auch hier ist der Maschinen- und Anlagenbau mittlerweile hart von Schäden betroffen.

„Die Forderung der Versicherer nach einem Ausschluss von Infektionskrankheiten wie COVID-19 aus allen bisherigen Versicherungen war bislang für VSMA undenkbar“, berichtet Jürgen Seiring. Dieser Trend wird zunehmen und dazu führen, dass es immer schwieriger werden wird, den bisherigen Versicherungsumfang unverändert zu erhalten.

Die hohen Schadenquoten schlugen sich bei den Versicherungsgesellschaften in negativen Ergebnissen nieder. Die lange Phase des weichen Versicherungsmarktes mit sinkenden Preisen führte zu dem nachvollziehbaren Sanierungsbedarf. Diesen haben die Versicherer in der Vergangenheit jedoch nicht vernünftig erklärt und somit war es schwierig, die Kunden von den notwendigen Maßnahmen zu überzeugen, gibt Seiring zu bedenken. Des Weiteren haben es die Versicherer versäumt, das eigene Risiko mit Risikomanagement-Maßnahmen zu reduzieren. Es wäre wünschenswert, wenn sich die Versicherer insgesamt durch effizienteres Arbeiten an ihre Versprechen halten würden.

Die Bedeutung der VSMA als der Versicherungsmakler für den Maschinen- und Anlagenbau wird deutlich zunehmen. Die Nachfrage nach Risikomanagementberatung und optimalen Versicherungslösungen werden weiter steigen. Durch die vernetzte Fertigung werden Erweiterungen zu bestehenden Versicherungsdeckungen erforderlich. Das Interesse an Lösungsalternativen steigt. Erste positive Ergebnisse können verzeichnet werden, wie der Deckungsbaustein Industrie 4.0 zeigt. Dies ist ein kleiner, wenn auch entscheidender Lichtblick für 2021.

Über den Autor

Jürgen Seiring
Jürgen SeiringGeschäftsführer VSMA GmbH